Tätowierungen und Psychologie: Was Tattoos über uns verraten

grayscale photo of woman holding her neck while showing Love never Fails tattoo at back
(Rechtliche) Tipps und Infos rund um Tattoos

Tätowierungen sind längst ein fest verankerter Teil moderner Körperkultur. Doch warum lassen sich Menschen tätowieren? Was bedeutet es psychisch betrachtet, wenn man sich tätowieren lässt – und wie wirken Tattoos auf andere Menschen? Im Folgende schauen wir uns einmal näher an, was die Psychologie zum Thema Tattoos zu sagen hat.

Ein wichtiger Hinweis vorweg: Der folgende Text ersetzt keine fachärztliche Beratung. Wendet euch im Zweifel immer an einen ausgebildeten Arzt oder eine Ärztin.

Die Psychologie von Tattoos: Warum lassen sich Menschen tätowieren?

Psychologen sehen Tattoos als Ausdruck von Identität, Abgrenzung oder Zugehörigkeit (University of Wollongong, 2015). Für viele Menschen markieren sie persönliche Wendepunkte, Verluste oder Neubeginne. Dabei geht es oft nicht nur um das Motiv, sondern auch um das Erlebnis des Tätowierens selbst – ein Akt der Selbstbestimmung und Kontrolle über den eigenen Körper.

Ein Tattoo kann auch eine Form von emotionaler Bewältigung sein, etwa bei einer Trennung, einem traumatischen Erlebnis oder dem Verlust eines geliebten Menschen. Studien belegen, dass besonders Menschen mit einschneidenden Lebenserfahrungen dazu neigen, diese symbolisch unter die Haut zu bringen (PsyPost, 2023).

Was sagen Tattoos über eine Person aus?

Psychologische Studien zeigen, dass Tätowierte im Durchschnitt nicht nennenswert impulsiver oder risikofreudiger sind als andere – ein Vorurteil, das sich hartnäckig hält (Swami et al., 2015). Vielmehr spiegeln Tattoos oft den Wunsch wider, die eigene Geschichte sichtbar zu machen oder sich gegen gesellschaftliche Normen zu stellen.

Und was für Menschen haben Tattoos? Untersuchungen zeigen, dass Tattoos heute quer durch alle Altersgruppen, Bildungsstände und Berufe verbreitet sind – vom Handwerk bis zur akademischen Laufbahn (Thieme-connect, 2012).

Intelligente Menschen lassen sich ebenso tätowieren wie weniger schlaue Zeitgenossen. Eine Studie zur Intelligenz und Kreativität von tätowierten vs. nicht tätowierten Studierenden ergab keine signifikanten Unterschiede (ResearchGate, 2015).

Tattooed man sitting thoughtfully by piano in a modern room.
Sind tätowierte Menschen besonders kreativ oder künstlerisch begabt? Nicht unbedingt. Bild: Pexels/Andrea Piacquadio

Das sagen Studien: Was macht ein Tattoo mit der Psyche?

Ob Tattoos gut für die Psyche sind, hängt vom Kontext ab. Viele Menschen berichten nach dem Tätowieren von gesteigertem Selbstbewusstsein oder einem Gefühl innerer Stärke. Eine Studie der University of Westminster fand heraus, dass sich Tätowierte nach dem Stechen emotional gefestigter fühlten, insbesondere wenn das Tattoo mit einem schwierigen Lebensereignis verbunden war (Swami et al., 2012).

Die Forschung zeigt: Tätowierungen können helfen, psychische Wunden zu verarbeiten.

Einige Betroffene berichten, dass Tattoos ihnen helfen, Erlebtes zu verarbeiten und ein Gefühl von Kontrolle und Selbstwirksamkeit zurückzugewinnen – etwa im Zusammenhang mit Traumata oder Essstörungen (Newport Healthcare, 2022).

Natürlich gilt auch hier: Nicht jedes Tattoo ist therapeutisch wirksam, und nicht jede Tätowierung entsteht aus tiefer Symbolik. Doch das Bedürfnis nach innerer Ordnung, emotionaler Entlastung oder symbolischer Selbstvergewisserung ist bei vielen Menschen ein Antrieb.

Was sagen Psychiater und Ärzte zu Tätowierungen?

Auch in der Psychiatrie ist das Thema präsent – nicht selten fragen Therapeuten und Therapeutinnen nach Tattoos, um Rückschlüsse auf Lebensthemen oder Traumaerfahrungen zu ziehen. Tattoos können Ausdruck ungelöster Konflikte sein – oder auch positive Ressourcen darstellen (Cambridge University, 2018). Entscheidend ist der Kontext.

Seriöse Fachleute bewerten Tattoos nicht per se negativ, sondern analysieren sie im Zusammenhang mit der Lebensgeschichte. Problematisch wird es, wenn sich Menschen zwanghaft tätowieren lassen (Stichwort „Tattoo-Sucht“) oder wenn Tätowierungen Teil einer psychischen Störung (z. B. Selbstverletzung oder Identitätsstörung) sind – was jedoch nur sehr selten vorkommt.

Vivid portrait of a tattooed woman with colorful makeup and piercings outside.
Extreme Formen von Tätowierungen können durchaus ein Hinweis auf psychische Störungen sein. Bild: Pexels/Anya Juárez Tenorio

Auch eine Frage der Psychologie: Wie wirken Tattoos auf andere Menschen?

Die Psychologie von Tattoos richtet sich natürlich nicht nur nach innen, sondern auch nach außen. Tattoos haben immer auch eine soziale Dimension: Sie beeinflussen, wie andere euch wahrnehmen – und wie ihr euch in bestimmten Kontexten zeigt.

Wie Tattoos auf andere wirken, hängt stark vom Umfeld ab. In vielen kreativen oder sozialen Berufsfeldern gelten sie als Ausdruck von Offenheit und Individualität. Studien zeigen, dass sichtbare Tattoos nicht automatisch ein Nachteil im Job sind – im Gegenteil: Sie können mit Sympathie und Authentizität verbunden werden (Allure, 2023).

In konservativeren Bereichen (z. B. Justiz oder Finanzwesen) gibt es allerdings nach wie vor gewisse Vorbehalte gegenüber sichtbaren Tattoos – insbesondere, wenn sie großflächig oder stark auffällig sind (HR Addict, 2025).

Manche Menschen sehen Tattoos als Nonkonformismus, andere als künstlerisches Statement oder schlicht als modischen Ausdruck. Die Meinungen variieren stark – doch gesellschaftlich betrachtet gelten Tattoos heute in vielen Milieus als normal.

Eine Person mit blauem Pullover und Tattoo auf dem Unterarm arbeitet mit den Händen in einer offenen Motorhaube.
Ob Automechaniker oder CEO: In vielen Berufen sind Tattoos heute längst kein Problem mehr. Bild: Unsplash/Erik Mclean

Warum müssen Patienten beim Arzt angeben, ob sie tätowiert sind?

Die Angabe über Tattoos ist in bestimmten medizinischen Situationen wichtig – etwa vor einer MRT-Untersuchung, da manche Farben Metallpartikel enthalten, die sich erhitzen können. Auch vor geplanten Operationen oder bei Blutspenden spielt ein frisches Tattoo eine Rolle – wegen möglicher Infektionsrisiken.

Bei welchen Krankheiten darf man sich nicht tätowieren? Menschen mit Hautkrankheiten wie Psoriasis oder Neurodermitis sollten sich ärztlich beraten lassen, bevor sie sich tätowieren lassen. Auch bei Autoimmunerkrankungen, Allergien oder Einnahme von Blutverdünnern kann ein Tattoo Risiken bergen.

Auch bei psychisch instabilen Phasen sollte man vorsichtig sein – nicht, weil ein Tattoo grundsätzlich schadet, sondern weil die Entscheidung bewusst und langfristig durchdacht sein und nicht aus einem akuten Impuls heraus getroffen werden sollte.

Fazit: Tattoos sind mehr als Körperkunst

Welche psychologischen Hintergründe stecken hinter dem Tätowieren? Sie sind so vielfältig wie die Menschen selbst. Ein Tattoo kann Erinnerung, Schutz, Protest, Kunst oder Selbstheilung sein. Was es bedeutet, wenn man sich tätowieren lässt, hängt entsprechend ganz von der eigenen Geschichte ab – und sagt vor allem eins: Ich habe etwas erlebt, das ich nicht vergessen will.

Tattoos sprechen Bände – auch ohne Worte. Sie machen das Unsichtbare sichtbar, verarbeiten Erfahrungen oder setzen ästhetische Statements. Und genau das macht sie so spannend – psychologisch wie kulturell.

Teaser-Bild: Unsplash/Ksenia Makagonova

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  1. Als ich dich kennengelernt habe, war ich am Anfang ein bisschen skeptisch aber nach 2 Monaten hellaufbegeistert…Ich finde deine Zeichnungen…

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